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Vom Schlusslicht an die Spitze

von Neelke Wagner
Mitglied der PHOTON-Redaktion

In Brandenburg werden im großen Stil Solarmodule gebaut, aber bislang kaum welche installiert. Das könnte sich nun ändern: Aus einem internen Papier der Landesregierung geht hervor, dass das Bundesland bis 2015 fast drei Gigawatt Photovoltaikleistung zubauen möchte und im Rahmen seiner Energiestrategie auch muss. Die Regierung hofft damit, ihre militärischen Altlasten zu sanieren und gleichzeitig die örtlichen Modulproduzenten zu fördern.

Im Jahr 2020 will Brandenburg 2,7 Terawattstunden Solarstrom aus Freiflächenanlagen gewinnen. Bei einem Stromverbrauch von heute rund 16 Terawattstunden wäre das ein Solaranteil von rund 17 Prozent. Hierzu müssten Solarparks mit einer Gesamtleistung von 2,75 Gigawatt gebaut werden. Bis Ende 2007 waren jedoch erst 33 Megawatt installiert; mit umgerechnet 1,1 Kilowatt pro Quadratkilometer ist Brandenburg Schlusslicht der aktuellen PHOTON-Netzbetreiberstatistik.

Details zu den Solarplänen des ostdeutschen Bundeslandes stehen in einem internen Zwischenbericht zur Solarflächenanalyse, den das Landesministerium für Infrastruktur und Raumordnung im November dem zuständigen Landtagsausschuss zusandte. Demnach sieht Brandenburg sein größtes Potenzial auf der grünen Wiese: 96,4 Prozent des Solarstroms sollen aus Freiflächenanlagen stammen, heißt es in dem Bericht. Bei den Dachflächen sind die Ausbauziele weit weniger ambitioniert: Insgesamt zehn Millionen Quadratmeter seien theoretisch für Photovoltaik- oder Solarthermieanlagen geeignet, schreibt der Pressereferent des Wirtschaftsministeriums, Alexander Gallrein. 20 Prozent davon sollen bis 2020 erschlossen sein.

Die Liebe zur Freifläche ist eng mit Brandenburgs militärischem Erbe verbunden. 110 Quadratkilometer Konversionsflächen, also Areale, die zuvor als Truppenübungsplatz, Deponie oder Tagebau genutzt wurden, wollen die Brandenburger bis 2015 an Solarinvestoren vergeben. »Ein Drittel der brandenburgischen Landesfläche ist ehemaliges Militärgebiet«, betont Carsten Linke, Referent für erneuerbare Energien beim Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz. Solarkraftwerke auf solchen Flächen erzeugen nicht nur umweltfreundlichen Strom, sondern finanzieren zudem die Sanierung belasteter Militärgebiete. Als Beispiel nennt Linke den 50-Megawatt-Park Turnow-Preilack, der auf dem 300 Hektar großen ehemaligen Truppenübungsplatz Lieberose entsteht.

Die fünf regionalen Planungsgemeinschaften im Land weisen bereits jetzt interessierte Investoren auf geeignete Flächen hin. In der Planungsregion Havelland-Fläming hat die zuständige Behörde bereits 25 Gebiete mit insgesamt 25 Quadratkilometer Fläche als Photovoltaikstandorte vorgeschlagen. Platz genug für 900 Megawatt, wenn man zum Beispiel Dünnschichtmodule mit einem durchschnittlichen Wirkungsgrad von zehn Prozent verwendet. Mit Hochleistungsmodulen von der Sunpower Corp. würde die Fläche für die doppelte Leistung reichen.

Wer sich für eine der Flächen interessiert, muss sich direkt mit den Gemeinden in Verbindung setzen. Für neun dieser Areale werden derzeit Bebauungspläne für Solarparks erstellt - dazu zählt zum Beispiel der Solarpark Briest der Solar Tec AG. In der Region Lausitz-Spreewald sind mehr als 20 Quadratkilometer Fläche bereits verplant - ebenfalls Militär-, Deponie- und Gewerbeareale. Genügend Investoren stehen also bereit, weiß Martina Gregor-Ness, SPD-Abgeordnete für den Wahlkreis Spreewald-Oberlausitz III. Sie spricht von einem enormen »Ansiedlungsdruck« und wünscht sich dennoch eine geordnete Landesplanung für Photovoltaikparks. Sonst könnte »die bisher hohe Akzeptanz in der Bevölkerung durch einen Wildwuchs von Anlagen gestört werden, ähnlich wie bei der Windenergie«, fürchtet sie. Als Ergebnis einer solchen Planung erwartet sie eine Art Bevorratung mit geeigneten Standorten für Photovoltaikkraftwerke, die günstig gelegen sind, keine Nutzungskonflikte erwarten lassen und gleichzeitig zügige Genehmigungsverfahren versprechen.

Doch bisher bremste weniger der Mangel an geeigneten Flächen als vielmehr der Mangel an heimischen Solarmodulen die ambitionierten Pläne. Die Erfüllung der Energieziele ist nämlich nur eine Seite der Medaille: »Ziel ist die Errichtung von Photovoltaikreferenzanlagen mit im Land hergestellten Komponenten«, heißt es in der Energiestrategie der Landesregierung. Doch die lassen auf sich warten. Weil die EPV Solar Germany GmbH in Senftenberg erst jetzt ihre Produktion angefahren hat, liegen mehrere Dutzend Megawatt geplanter Solarparks auf Eis. Auch die Investoren der REST Regionale Entsorgungsservice und Transport GmbH warten für ihre geplante Megawattanlage auf einer ehemaligen Deponie bei Luckenwalde auf vor Ort produzierte Module, die von der ebenfalls in Luckenwalde ansässigen Nanosolar GmbH kommen sollen. Doch auch diese hat noch kein einziges Modul ausgeliefert. Zu den erfolgreichen Modulproduzenten Brandenburgs gehören First Solar, Aleo, Algatec und Conergy, die in diesem Jahr zusammen rund 500 Megawatt Module produzieren wollen. Damit stünde dann einem Solarboom in Brandenburg nichts mehr im Wege.

Quelle

Vollständiger Text
www.photon.de/news_archiv/details.aspx?cat=News_Archiv&sub=Politik&pub=1&parent=1531

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